Die britische Zeitung Guardian beschäftigt sich mit dem Aufruf der deutschen Bundeskanzlerin, Räume regelmäßig zu lüften, um die Ansteckungsgefahr mit COVID-19 zu reduzieren. Die Deutschen, so zitiert der Spiegel die Guardian-Autorin, seien vom Lüften quasi besessen und rissen selbst im Winter zweimal täglich die Fenster auf.
Hilft das Lüften, die Ansteckungsrate in den Griff zu bekommen oder ist es eine deutsche Marotte, die sich wissenschaftlich nicht begründen lässt? Stand heute, sprechen viele Gründe dafür, der Aufforderung der Kanzlerin zu folgen.
Denn mehrere wissenschaftliche Studien konnten bereits nachweisen, dass sich Sars-CoV-2 mithilfe von Aerosolen verbreiten kann. Aerosole sind winzige Partikel, die Menschen beim Sprechen, Atmen oder Husten ausscheiden. Und da sie so winzig sind, sinken sie nicht wie Tropfen auf den Boden sondern können stundenlang in der Luft schweben. Die Kommission für Innenraumlufthygiene am Umweltbundesamt stellte z.B. im Labor fest, dass aktive Viren in Aerosolen bis zu drei Stunden nach der Freisetzung nachweisbar sind. 1
Durch das Einatmen der mit Viren belasteter Aeorosole besteht das Risiko, dass sich Gesunde mit COVID-19 anstecken. Je mehr der infektiösen Aeorosole dabei in der Luft sind und von einem Menschen aufgenommen werden, desto wahrscheinlicher ist es, dass er sich infiziert und eventuell auch krank wird.
Wird jedoch gelüftet, vermischt sich die Raumluft mit frischer Außenluft und die Konzentration der Aeorosole reduziert sich und damit auch das Infektionsrisiko. In gut gelüfteten Räumen gab es bisher auch noch keine Superspreader-Event.
Was heißt gut gelüftet?
Wie oft gelüftet werden sollte, hängt davon ab, welche Jahreszeit herrscht, wie groß ein Raum ist und wieviel Menschen sich darin aufhalten. Folgende Lüftungstipps helfen beim richtigen Lüften:
- In Wohnungen bzw. Zimmern heißt gut gelüftet, dass die Fenster einige Minuten so weit wie möglich geöffnet werden. Wenn es möglich ist, sollte eine Querlüftung erfolgen. So wird die Luft im Raum sehr schnell komplett ausgetauscht. Bei normaler Nutzung, also ohne zusätzliche Besucher, sollte die Wohnung täglich für mindestens 10 bis 15 Minuten gelüftet werden. An kalten Wintertagen reichen fünf Minuten, denn durch den Temperaturunterschied erfolgt der Luftaustausch schneller.
- In Büros gelten die Arbeitsschutzrichtlinien 2. Dort wird empfohlen, stündlich stoßzulüften. Wenn es im Büro eher eng her geht, soll sogar alle 20 Minuten gelüftet werden. Prinzipiell wird folgende Lüftungsdauer angegeben: im Winter 3 Minuten, im Frühling 5 Minuten, im Sommer zehn Minuten und im Herbst wiederum 5 Minuten.
Quellenangabe:
- Umweltbundesamt: “Das Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 in Innenräumen lässt sich durch geeignete Lüftungsmaßnahmen reduzieren”; Stand: 12. August 2020
- Arbeitsschutzausschüsse beim BMAS: “SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel”; GMBl 2020 S. 484-495; Nr. 24/2020 v. 20.8.2020
- Irene Berres: “Lüften – aber richtig”; www.spiegel.de; 11.10.2020, aufgerufen am 16.11.2020