Ina Füllkrug ist Redakteurin der Pro Hauswirtschaft und von CAREkonkret, zweier Medien des Vincentz Network, das auch die Messe ALTENPFLEGE ausrichtet. Sie gibt Antworten auf die Fragen von Service-Wohnen bis Hygiene. Während auf der vergangenen Altenpflege noch das Thema „Wohngruppen“ ein Schwerpunkt war, wird jetzt von Service-Wohnen gesprochen. Was verbirgt sich hinter diesem Schlagwort?
Viele ältere Menschen wollen trotz Pflegebedürftigkeit möglichst lange und selbstbestimmt in einem anspruchsvollen Umfeld leben. Konzepte wie das „Service Wohnen“ werden den Ansprüchen dieser Zielgruppe gerecht. Wie beim Betreuten Wohnen ist auch beim Service-Wohnen die Wohnung komplett barrierefrei -sowohl innen als auch außen – und verfügt beispielsweise über ein hinreichend großes Badezimmer, ein Hausnotruf-System und weitere technische Assistenzsysteme. Im Bedarfsfall können Pflegebedürftige alle Serviceleistungen hinzubuchen und brauchen im besten Fall nicht in ein Pflegeheim umziehen.
Immer mehr Investoren, Projektentwickler und Immobilienbetreiber richten sich auf eine steigende Nachfrage nach innovativen Wohnkonzepten ein. Mit der Sonderschau Universal Rooms gibt die ALTENPFLEGE 2019 diesem Trend erstmals einen Raum. Die Besucher erwartet ein komplett ausgestattetes Service Wohn-Apartment – zusammen mit ausgewählten Partnern aus der Möbel- und Einrichtungsindustrie erleben sie ein zukunftsorientiertes Wohnumfeld für den Wachstumsmarkt des Wohnens im Alter.
Welche Rolle kommt beim Service-Wohnen der Hauswirtschaft zu?
Im Bedarfsfall kann jede haushaltsnahe Dienstleistung hinzugenommen werden. Vor allem der Unterhaltsreinigung und der Wäschepflege wird hier sicher die größte Bedeutung zukommen. Bei der Wäschepflege kann das von der Abholung und Reinigen der persönlichen Kleidung und Flachwäsche beginnen und bis zur Anbringung der gereinigten Gardinen gehen.
Das ALTENPFLEGE FORUM „Verpflegung und Hauswirtschaft“ sieht auch Vorträge zum Thema Hygiene vor. Welche Inhalte stehen hier im Fokus?
Prof. Dr. Lutz Vossebein, Mitglied der Desinfektionsmittelkommission des Verbundes für Angewandte Hygiene, wird zum Beispiel Wissenswertes über die hygienische Aufbereitung von Wäsche vorstellen. Er ist der Meinung, dass in der Praxis häufig Missstände auftreten, wenn es um die vermeintlich einfachen Dinge bei der Umsetzung von Hygienemaßnahmen geht und nennt als Beispiel die Wäscheaufbereitung, die durch den Einsatz eines Desinfektionswaschmittels und einer Waschmaschine per Knopfdruck eine adäquate Hygiene der Textilien suggeriert. Er betont jedoch, dass eine sachgerechte Hygiene nur unter Berücksichtigung aller relevanten (Hygiene-)Parameter erreicht werden könne.
Darüber hinaus geht es in den Vorträgen um Hygiene und Arbeitsschutz, welche Hygieneaspekte beachtet werden sollten, wenn die Bewohner an der Wäschepflege beteiligt sind, aber auch um hygienische Bodenreinigung durch staubbindendes Wischen. Der bayerische Rahmenhygieneplan für Infektionsprävention in stationären Einrichtungen wird den Fachbesuchern ebenso vorgestellt wie die Notwendigkeit und technische Möglichkeiten der hygienischen Mopp-Aufbereitung.
Hauswirtschaftsleiterinnen sind an verschiedenen Punkten im Seniorenheim mit Hygiene konfrontiert. Wo ist Hygiene schon heute selbstverständlich, wo besteht noch Nachholbedarf?
Hygiene ist in der Küche selbstverständlich, im Bereich der Lebensmittel-Hygiene, aber auch im Waschverfahren und im Farbreinigungssystem, das die Hygiene bei der Unterhaltsreinigung gewährleistet.
Nachholbedarf besteht nach Meinung von Experten beim Transport von Schmutzwäsche oder wenn es um das rechte Maß an Flächendesinfektion geht. Häufig meinen die Mitarbeitenden: Viel hilft auch viel… Doch das ist nicht immer so. Da könnte ein Hygienehandbuch helfen, das wirklich in den Einrichtungen gelebt wird oder kurze Schulungen, etwa zu Infektionskrankheiten, wie z.B. Influenza.
Zudem ist die Kenntnis über die Wirkstufen der Desinfektionsmittel wichtig und wann sie differenziert angewendet werden sollten. Da sollte die Hauswirtschaft am besten selbst ein Hygieneniveau festlegen und nicht unbedingt der Chemielieferant oder Pflege-Hygienebeauftragte.
Es sollte einfach das rechte Maß in Sachen Hygiene gefunden werden. Berater haben mir aus ihrer Praxis berichtet, dass besonders bei neuen Wohnformen entweder übers Ziel hinausgeschossen oder schlicht unaufmerksam gehandelt wird. Es ist notwendig, dass sich die Mitarbeiter in Sachen zeitgemäßer Hygiene kontinuierlich weiterbilden.
Wie findet man die Balance zwischen einem Zuviel und Zuwenig Hygiene?
Hier ist schlichtweg Fachwissen gefragt. Es könnte manchmal sein, dass sich hauswirtschaftliche Mitarbeiter auf Althergebrachtes berufen, weil sie eigentlich zu wenig Wissen in Sachen Hygiene haben. Da wären mehr Eigenpositionierung und Reflexion sicher wünschenswert. Wahrscheinlich findet dieser kritische Blick wohl auch aus Zeitgründen nicht so häufig statt.
Dürfen Hygienevorschriften bei der Lebensmittelverarbeitung dazu führen, dass ein Bewohner des Seniorenheims kein weiches Ei mehr bekommt?
Meiner Meinung nach auf keinen Fall. Hier geht es ganz klar darum, Lösungen zu entwickeln und Investitionen zu tätigen: Denn die gibt es ja, wie es z. B. der Polluxierer zeigt, oder man kauft entkeimte Eier und vieles mehr. Da sollten sich die Mitarbeiter nicht hinter Statuten, vermeintlichen Rechtsforderungen oder der reinen Bearbeitung des Alltagsgeschäftes verstecken… Gefragt sind vielmehr Kreativität und Ehrgeiz.