Hygienisch Waschen – was heißt das genau?

Wie heiß müssen Textilien gewaschen werden, dass sie wieder keimfrei sind? Warum eignen sich Haushaltswaschmaschinen nicht für den professionellen Bereich? Was ist bei der Oberflächenreinigung zu beachten? Seit die Epidemie unser Leben bestimmt, stellen sich vermehrt Hygienefragen – auch in der Inhouse-Wäscherei. Auf die Frage, was genau hygienisches Waschen heißt, antwortet Jan-Peter Elsebach, Care-Verantwortlicher bei Electrolux Professional und staatlich geprüfter Desinfektor.

Was ist das oberste Ziel des hygienischen Waschen?

Jan-Peter Elsebach: Das Ziel ist, dass die Wäsche, die aus den Waschtrommeln kommt, nicht nur sauber ist, sondern auch keine Keime mehr aufweist, die zu einer Gefahr für die Nutzer werden könnten. Wie wichtig es ist, Hygiene-Regeln einzuhalten, zeigt derzeit die Corona-Pandemie. Gerade in Senioren- und Pflegeheimen ist es von großer Bedeutung, dass sich weder Influenza-Viren noch der Norovirus oder Krankenhauskeime ausbreiten können. Denn je älter man wird, desto mehr steigen die Risiken, da der Körper nicht mehr so immunstark ist und ihn zusätzlich chronische Krankheiten schwächen. Die Prävention vor einer Infektion ist das A & O in Seniorenheimen.

Bei der Infektionsprävention nimmt das Waschen eine wichtige Rolle ein. Dabei geht es zum einen um das Ganze: Der hygienische Wäschekreislauf hat die Intention, zu verhindern, dass sich die Wege von schmutziger und sauberer Wäsche in der Einrichtung und in der Wäscherei kreuzen. So vermeidet man eine Wiederverkeimung von sauberer Wäsche. (https://hygienewaschen.com/hygienische-waeschekreislauf/).

Gibt es Möglichkeiten, zu erkennen, ob Textilien wirklich hygienisch sauber sind?

Jan-Peter Elsebach: Die zwei wichtigsten Methoden, um festzustellen ob das desinfizierende Waschverfahren korrekt und wirksam abgelaufen ist, sind der mikrobiologische Test und die thermoelektrische Prüfung.

Bei der mikrobiologischen Kontrolle wird ein Baumwollsäckchen, das mit Mikroorganismen und Blut präpariert wurde, in der Wäsche mitgewaschen. Danach wird von einem Labor geprüft, ob sich noch Keime auf dem Baumwollsäckchen finden. Diese Prüfung wird einmal im Jahr von geschultem Personal vorgenommen.

Die thermoelektrische Prüfung zielt darauf ab, zu messen, ob die Waschmaschine auch wirklich die Temperatur entsprechend der eingegebenen Gradzahl und in der vorgeschriebenen Zeit hält. Diese Desinfektions-Parameter werden mit Hilfe von kalibrierten Datenloggern, die mitgewaschen werden, kontrolliert. Auch die Servicetechniker von Electrolux Professional bieten diese Unterstützung für das sichere hygienische Waschen an.

Vergegenwärtigen sollte man sich in diesem Zusammenhang, dass auch Waschmittelkästen an Waschmaschinen eine Quelle von Keimen sein können. Wenn ein verkeimter Waschmittelkasten das Spülwasser am Schluss des Waschprozesses kontaminiert, kann das Ergebnis eines hygienischen Waschprozesses wieder zunichte gemacht werden.

Der Sinnersche Waschkreis macht deutlich, dass Wärme (Temperatur), Chemie, Zeit und Mechanik die Faktoren sind, die ein Waschergebnis beeinflussen.

Jan-Peter Elsebach: Die wichtigste Aussage des Sinnerschen Waschkreises ist, dass die vier Faktoren Temperatur, Chemie, Zeit und Mechanik das Waschergebnis bestimmen und voneinander abhängig sind: Vergrößert man einen Faktor, können andere Faktoren im Verhältnis entsprechend verkleinert werden. Beim Waschen von empfindlichen Textilien kann jedoch der Faktor Temperatur nicht voll seine Wirkkraft gegen Viren und Bakterien entfalten, weil sonst das Textil leiden würde. In diesem Fall müssen desinfizierende Waschmittel einen hauptsächlichen Beitrag zur Desinfektion übernehmen.

Zudem ist es nicht nur von Bedeutung, welche Textilien zu waschen sind, sondern auch welchen Verschmutzungsgrad sie haben – auch bezogen auf mögliche Keime. Es gibt Unterschiede bei der Wirksamkeit der Waschmittel gegenüber Bakterien und Viren. Das Robert-Koch-Institut (RKI) unterscheidet zwischen A- und AB-wirksamen Waschverfahren, wobei AB relevant für das Waschen in Seniorenheimen ist. Grob gesagt tötet der Wirkbereich A Bakterien und Pilze ab und B ist gegen Viren wirksam – ob behüllte wie etwa das Coronavirus oder unbehüllte Viren wie das Norovirus. Jede Wäschereileiterin kennt deshalb die RKI-Liste der anerkannten Desinfektionsmittel und Verfahren bzw. die in der VAH Liste aufgeführten Verfahren. Beide geben die Desinfektionsparameter für die jeweiligen desinfizierenden Waschverfahren vor.  Bei der RKI-Liste findet man zum Beispiel unter 3.1 die Parameter für das Waschen. Hier wird detailliert angegeben bei welcher Konzentration von Wasch- und Desinfektionsmittel, Temperatur, Einwirkzeit und Flottenverhältnis das Waschgut zu waschen ist.

Kann diese Vorgaben – bis zum Flottenverhältnis – jede Waschmaschine umsetzen?

Jan-Peter Elsebach: Voraussetzung für die Umsetzung der RKI-Vorgaben beim Waschen ist die volle Programmierbarkeit einer Waschmaschine. Diese Programmierbarkeit ist eine zentrale Fähigkeit von professionellen Waschmaschinen, die sie grundsätzlich von Haushaltswaschmaschinen unterscheidet. Mit einer Profi-Waschmaschine ist gewährleistet, dass die Waschprogramme in einer Inhouse-Wäscherei im Seniorenheim oder in der Gemeinschaftseinrichtung den hygienischen Anforderungen entsprechen. Ein aktuelles Praxisbeispiel in Zeiten von Corona SARS-CoV-2 ist etwa diese Vorgabe durch das RKI: Da es sich um ein Virus handelt, ist das Waschverfahren AB anzuwenden. Um das Virus zu inaktivieren sind zum Beispiel 85 Grad Celsius notwendig, die 15 Minuten lang zu halten sind. Dies ist ein mögliches rein thermisches Verfahren. Alternativ sind für die Aufbereitung mit niedrigeren Temperaturen chemothermische Waschverfahren aufgeführt, mit den entsprechen einzuhaltenden Parametern.

Die Programmierbarkeit ist demnach das wichtigste Kriterium beim Waschmaschinenkauf für die Inhouse-Wäscherei. Doch ein spezielles Waschprogramm zu programmieren scheint kompliziert zu sein.

Jan-Peter Elsebach: Früher war das tatsächlich recht kompliziert, spezifische Waschprogramme direkt auf dem Display der Waschmaschine zu programmieren. Damals musste sich ein Servicetechniker in einem Labyrinth von Leveln und Vorgaben zurechtzufinden, um das Programm zu definieren. Electrolux Professional hat inzwischen weitreichende Verbesserungen bei der Bedienung ihrer Waschmaschinen umgesetzt und die Benutzerfreundlichkeit wesentlich erhöht. Das Programmieren bzw. das Einstellen der Parameter ist heute ganz einfach. Das Touchscreen des Edit-Programms ist so aufgebaut, dass man auf einen Blick alle Faktoren des Sinnerschen Waschkreises erkennt: Temperatur, Zeit, Wasserstand, Waschmechanik (Trommelbewegung) und Chemie. Beim Antippen auf „Level“, lässt sich das Wasservolumen einstellen, beim Druck auf „Action“ die Trommelbewegung und so weiter.

Kommen wir auf die Haushaltswaschmaschine zurück. Warum ist sie ein Tabu für professionelle Inhouse-Wäschereien? Es lassen sich doch auch auf der Haushaltswaschmaschine verschiedene Programme einstellen?

Jan-Peter Elsebach: Ja, aber es sind fest installierte Programme, die keine Variation einzelner Parameter zulassen. Das Kriterium der vollen Programmierbarkeit dient dem Zweck, vollkommene Flexibilität herzustellen. Eine Profi-Waschmaschine kann so programmiert werden, wie es die ausgewählten Waschverfahren erfordern: Alle Parameter lassen sich variieren. Die fest voreingestellten Programme auf einer Haushaltswaschmaschine reichen für den professionellen Bereich nicht aus. Dazu kommt – und das ist ein zentrales Argument, das gegen den Einsatz von Haushaltswaschmaschinen in professionellen Bereichen spricht: Es ist bei Haushaltswaschmaschinen, die für den Privatgebrauch konzipiert werden, nicht sichergestellt, dass sie die zwei wichtigen Parameter eines hygienischen Waschprozesses einhalten: Nämlich die Wassertemperatur sowie die Haltezeit – also die Zeit, die notwendig ist, um bestimmte Keime abzutöten. Auch das Flottenverhältnis ist in der Haushaltswaschmaschine nicht flexibel einstellbar. Im schlimmsten Fall heißt das, dass die Keimreduktion während des Waschens nicht in ausreichendem Maße stattfindet und die Textilien nach dem Waschprozess den Erreger noch weiterverbreiten können – obwohl sie sauber aussehen und sogar frisch duften.

Das DGH rät aus diesen Gründen ausdrücklich davon ab, in Gemeinschaftseinrichtungen, die besonders hohe Anforderungen an Hygiene stellen, Haushaltswaschmaschinen zu verwenden.1

Gibt es Fehler beim Waschen, die immer wieder vorkommen und das hygienische Waschergebnis torpedieren?

Jan-Peter Elsebach: In der Regel erarbeiten die Waschchemie-Lieferanten zusammen mit den Verantwortlichen der Wäscherei die jeweiligen Programme, die für den Wäscheanfall eines Heimes passen. Wenn dazuhin auch noch Dosierpumpen im Einsatz sind, kommt es nicht zu Fehlern bei der Dosierung. Wird manuell dosiert, kann es passieren, dass unter Hygienegesichtspunkten zu gering dosiert wird. Des Weiteren können Desinfektionsmittel zum Beispiel ausflocken, dann wird von einem Seifenfehler gesprochen. Dieser Fall kann eintreten, wenn ein seifenhaltiges Waschmittel nicht mit dem Desinfektionsmittel harmoniert.

Der sogenannte Eiweißfehler kann auftreten, wenn die Wäsche mit einer zu großen Menge an Proteinen behaftet ist. Da viele Keime unter anderem durch die Denaturierung ihrer Proteinstrukturen zerstört werden, ist es natürlich kontraproduktiv, wenn sich Desinfektionsmittel an Eiweißresten von Lebensmitteln abarbeiten und dadurch nicht mehr ausreichend gegen Keime vorgehen können.

Und last but not least, führt eine ungenügende Einwirkzeit von keimtötenden Verfahren, wie etwa die Temperatur oder auch die Einwirkzeit von Waschchemie und Desinfektionsmittel, dazu, dass Keime nicht ausreichend zerstört werden .

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

WISSENSWERTES – DESINFEKTION

  • Die Definition: Totes oder lebendes Material (Krankheitserreger) werden in einen Zustand versetzt, der dazu führt, dass Krankheitserreger nicht mehr infizieren können.
  • Die Mathematik: Die Keime müssen um 5 Dezimalstellen reduziert werden. Beispiel: Liegen vor der Desinfizierung 80 Millionen Keime vor                        – 80 000 000 –, sind es nach der Desinfektion nur noch 800.
  • Die Verfahren in der Wäscherei: Sie richten sich am Sinnerschen Waschkreis aus, der besagt, dass vier Faktoren das Waschergebnis bestimmen: Temperatur, Mechanik, Chemie und Zeit.
  • Thermischen Verfahren in der Wäscherei arbeiten mit der Wassertemperatur: Ab 60 Grad mit einer Haltetemperatur von 10 Minuten werden bereits viele Viren und Bakterien getötet. Sichere Verfahren nach RKI: 85°C bei 15 Minuten oder 90°C bei 10 Minuten.
  • Chemothermische Verfahren kombinieren Temperatur und Chemie. Desinfizierende Waschverfahren bewegen sich in Bereichen von 40°C bis 90°C mit entsprechender Haltezeit und entsprechend dosierter Menge an Chemie.
  • RKI-Liste: Das RKI hat eine Liste der Wirkbereiche von Desinfektions- bzw. Waschmittel herausgegeben.
  • Die A- und B-Wirkbereiche sind für Wäschereien relevant:
    A zur Abtötung von vegetativen Bakterien einschließlich Mykobakterien sowie von Pilzen einschließlich Pilzsporen.
    B zur Inaktivierung von Viren. Das entspricht der Definition „viruzid“-wirksam gegen behüllte und unbehüllte Viren.


Quellenangabe:

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