Hygiene beginnt im Kopf

In Seniorenheimen ist der Norovirus gefürchtet. Krankenhauskeime noch mehr. Dass die Risiken trotzdem eingegrenzt bleiben, verdankt unsere Gesellschaft einem stetig verbesserten Hygienemanagement. Jan-Peter Elsebach von Electrolux hat eine Ausbildung zum Hygienebeauftragten absolviert und erzählt, warum Händehygiene viel Aufmerksamkeit braucht und warum die Organisation der Wäscherei eine zentrale Rolle spielt.

  1. Herr Elsebach, was war die wichtigste Erkenntnis Ihrer Ausbildung zum Hygienebeauftragten?

Dass es falsch wäre, Hygiene auf das Abhaken einer Checkliste von Hygienemaßnahmen zu reduzieren. Die Grunderkenntnis ist: Hygiene ist eine Grundhaltung. Es ist eine Philosophie, an der man ständig arbeiten muss. Wird diese Grundhaltung vernachlässigt, finden sich nach und nach überall im Betrieb Stellen, bei denen die Hygiene nicht mehr konsequent verfolgt wird. Oder anders ausgedrückt, dann besteht die Gefahr, dass unhygienische Ecken entstehen. Es ist sehr wichtig, dass sich Hygiene-Verantwortliche mit den Hygiene-Regularien auskennen und beschäftigen. Sie sind die Leitplanken für das Hygiene-Handeln. Und sie schaffen ein Bewusstsein für die kritischen Punkte, die man immer im Auge behalten muss.

  1. Was meinen Sie mit „kritischen Punkten“?

Zum Beispiel die Hände. Sie sind es, die wir ständig bewegen, damit arbeiten, etwas anfassen, uns berühren, essen, die Haare aus der Stirn streichen, die Augen reiben etc. Wenn man weiß, dass 80 Prozent der Krankheitserreger über die Hände übertragen werden, ist auch klar, dass der Handdesinfektion eine besondere Rolle zukommt. Und obwohl wir überall auf Desinfektionsmittel-Spender stoßen, ist die Bedeutung der Händereinigung noch nicht in allen Köpfen verankert.

  1. Was verstehen Sie unter „unhygienischen Ecken“?

Der Kursleiter erzählte von einem Beispiel aus der Praxis. Eine Großwäscherei registrierte plötzlich, dass die saubere Wäsche trotz adäquatem Waschprozess noch keimbelastet war. Die sofortige Untersuchung des Waschverfahrens brachte jedoch keinen Fehler ans Licht. Erst als ein Techniker in das Innerste der Tunnelwaschmaschine schaute, stieß er auf den Fehler: Dort hatte sich ein veritabler Biofilm gebildet und den hygienischen Waschprozess zunichte gemacht. Das Foto dieses „Tatorts“ prägte sich zusammen mit der Erkenntnis ein: Zur Hygiene gehört nicht allein ein Reinigungs- und Desinfektionsplan. Im Hygieneplan ist auch die regelmäßige Wartung des Maschinenparks und der Fahrzeuge geregelt. Auch dieser Plan muss eingehalten werden.

  1. Wie steht es mit den Inhouse-Wäschereien in Seniorenheimen oder Wohngruppen dort?

Eine Wäscherei im Senioren- und Pflegeheim muss sich natürlich genauso um Hygienepläne und regelmäßige Wartung kümmern. Seit es den Trend zu Wohngruppen in Heimen gibt, in denen rund ein Dutzend Menschen wie in einer Wohngemeinschaft leben und von einer Haushälterin betreut werden – zusätzlich zur Pflege durch das Pflegepersonal –, muss jeder und jedem bewusst sein, dass die Hygienepläne sich auch darauf erstrecken.

  1. Was ist in Wohngruppen zu beachten?

Verbreitet ist die Ansicht, dass die Ausstattung einer Wohngruppe derjenigen eines Privathaushalts entspricht. Doch weit gefehlt! Nicht allein in der Küche gilt, dass professionelle Gerätschaften zu benutzen sind. Spülmaschinen müssen z.B. das Spülgut bewältigen können, das ja in rund vierfacher Menge anfällt. Aus rechtlichen Gründen ist zudem das Augenmerk auf die Waschmaschine zu werfen. In der Wohngruppe darf zum Beispiel keine Haushaltswaschmaschine in Betrieb genommen werden. Das hat zwei Gründe: Eine Haushaltswaschmaschine entspricht nicht der vorgeschriebenen Maschinenrichtlinie. Zum anderen ist sie nicht so ausgelegt, dass sie die notwendigen Temperaturen halten kann, die notwendig sind, um bestimmte Keime abzutöten – z.B. 60 Grad zehn Minuten lang. Zusätzlich empfiehlt es sich beispielsweise Anwendungsregeln einzuhalten wie: Einmal im Monat eine 90-Grad-Wäsche zu waschen, um einen Biofilm zu verhindern; den Waschmittelkasten regelmäßig zu reinigen, weil sonst das letzte Spülwasser wieder Keime einspülen könnte; die Türen von Waschmaschinen und Trocknern geöffnet lassen, bis der nächste Waschprozess initiiert wird. Damit wird verhindert, dass sich Keime im Feuchten wohlfühlen und weiter entwickeln.

  1. Was ist in der Zentralwäscherei eines Pflegeheims zu beachten?

Elsebach: Die Trennung von unreiner und reiner Seite ist das A & O für die Hygiene. Da im Bereich der bestehenden Wäschereien in Heimen noch ein Bestandsschutz gilt, ist diese Maßgabe der „schwarz-weiß“-Wäsche allerdings noch nicht überall umgesetzt. Selbst dort wo Barriere-Waschmaschinen und Trennwände eingesetzt werden, kann eine Laisser-faire-Haltung den Hygiene-Plan durchkreuzen. Zum Beispiel sollten Personalschleusen ihrer Funktion gemäß verwendet werden. Auch die Philosophie: Dreck zu Dreck erweist sich als kontraproduktiv. Die unreine Seite als Schmuddelecke zu führen ist völlig falsch. Das Ziel muss sein: Das Keimwachstum überall einzudämmen. Das heißt auch die unreine Seite einer Wäscherei sollte aufgeräumt sein und kontinuierlich gereinigt werden.

  1. Was ist für Hauswirtschaftsleiter und -Leiterinnen besonders wichtig beim Inhouse-Waschen?

Elsebach: Empfohlen wird als allererstes eine Gefährdungsbeurteilung vorzunehmen. Dabei wird geschaut, wo Gefahren der Verkeimung liegen. Wo besteht ein Infektionsrisiko? Was mindert die Risiken? Es sind drei Bereiche, die ein Verantwortlicher zu beachten hat: der technisch-bauliche Bereich, der personenbezogene Bereich und der Organisatorische. In Bezug auf die Hygienewäscherei in Seniorenheimen, ist wichtig zu wissen, dass die Wäsche in Heimen aufgrund der Fäkalverschmutzung in der Regel eine stärkere Keimbelastung aufweist als z.B. typische Krankenhauswäsche. Ein Gramm Stuhl enthält 10 hoch 12 (=1.000.000.000.000) koloniebildende Einheiten (KBE). Auf einer nichtdesinfizierten Hand finden sich ca. 100 KBE.

  1. Und die personenbezogenen und organisatorischen Maßnahmen, was gehört hier dazu?

Damit sich die Mitarbeiter vor den Keimen schützen können, sind ein wasserabweisender Kittel, flüssigkeitsdichte Schürzen, Schutz-Handschuhe und eine Kopfbedeckung zu tragen. Je nach Gefährdungsbeurteilung ist auch ein Atemschutz notwendig.  Zu den organisatorischen Maßnahmen zählen der Hygieneplan, der den Reinigungs- und Desinfektionsplan beinhaltet, jährliche Schulungen der Mitarbeiter etc.

  1. Wo muss man beim Waschprozess besonders aufpassen und wie bzw. mit welchen Geräten lassen sich Hygiene-Vorgaben gut durchsetzen?

Die oberste Richtschnur ist das Infektionsschutzgesetz, das unter anderem die Aufgaben des Robert Koch-Institutes (RKI)  nennt. Dadurch erhält die RKI-Richtlinie quasi gesetzlichen Charakter. Dazu gehört z.B. dass man mit den gelisteten Waschverfahren und Waschmitteln arbeiten muss. Die Waschmaschinen müssen programmierbar sein, damit sie flexibel auf vorgeschriebene Programme eingestellt werden können. Als Waschmaschinen-Profi hat Electrolux Professional natürlich Barriere-Waschmaschinen im Angebot, die sämtliche Anforderungen erfüllen: Vollprogrammierbarkeit, Durchladegeräte, Dokumentation des Waschverlaufs über unsere CMIS-Software-Lösung.

  1. Wie genau funktioniert CMIS?

CMIS von Electrolux übernimmt die Funktion der Prozessüberwachung aller installierten Wäschereimaschinen und Trockner. CMIS liefert z.B. Statistiken über Betriebsstunden, Stillstandzeit, Maschinenauslastung oder Verbrauchsdaten. Auch der Prozess wird aufgezeichnet, Wartungsintervalle werden protokolliert und Fehlermeldungen abgesetzt – inklusive einer Empfehlung für Abhilfemaßnahmen. Damit kann sich die Wäschereileitung sicher sein, dass der Waschprozess exakt und wie gewünscht funktioniert hat.

  1. Eine letzte Frage: Wie wichtig sind für Wäschereileiter und -Leiterinnen die speziellen Gesetze und Richtlinien für die Hygiene?

Elsebach: Es gibt Gesetze, behördliche Dokumente und Normen. Die Vorgaben und Empfehlungen aus allen drei Bereichen sind relevant für Großwäschereien und für Inhouse-Wäschereien der Heime. Es sind eine ganze Reihe von Gesetzen und Richtlinien, die ein Seniorenheim bzw. eine Wäscherei betreffen. Das wichtigste Gesetz ist das Infektionsschutzgesetz, dort u.a. § 18. Eine gute Übersicht bietet die DGUV 203-084 „Umgang mit Wäsche aus Bereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung“; Quelle: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. Sehen Sie auch obenstehenden Textkasten zu Gesetzen und Richtlinien bzw. auf unserer Website diesen Link. Hier wird ersichtlich, welche Vorgaben ein/e Heim- oder Wäschereileiter/in in Bezug auf die hauseigene Wäscherei beachten sollte.

Wäscheaufbereitung und Gesetze & Richtlinien

  • Wichtigste Gesetze und Rechtsverordnungen
  • Infektionsschutzgesetz (IfSG)
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Biostoffverordnung (BioStoffV)
  • Trinkwasserverordnung (TrinkwV)
  • Abwasserverordnung (AbwV)
  • Weitere Richtlinien

Wichtigste behördliche Dokumente:

  • RKI-Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
  • Liste der vom Robert Koch-Institut (RKI) geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -Verfahren
  • technische Regel für biologische Arbeitsstoffe TRBA 200, TRBA 250, TRBA 400
  • DGUV 203-084 „Umgang mit Wäsche aus den Bereichen mit erhöhter Infektionsgefährdung“
  • DGUV 100-500 (früher: BGR 500), dort: „Betreiben von Wäschereien“
  • DGUV 207-206 „Desinfektionsmittel im Gesundheitswesen“


Jan-Peter Elsebach
Care-Manager bei Electrolux Professional