M. Christine Klöber* ist Expertin und Beraterin für hauswirtschaftliche Themen. Im Interview erklärt sie, wo die Schwachstellen im Wäschekreislauf in Altenhilfeeinrichtungen liegen und wie man sie – oftmals mit einfachen Schritten – beseitigt. Haushaltswaschmaschinen haben in Wohngruppen nichts verloren. Lesen Sie hier den zweiten Teil.
Frage: Verfolgen alle Altenheime, die selbst waschen, das hygienische Waschkonzept unrein/rein?
Klöber: Nein, das heißt es nicht. Die Alteneinrichtungen, bzw. ihre Wäschereien haben zum Teil noch Bestandsschutz. In dem Moment allerdings, wo saniert oder neu gebaut wird, gelten neue Regelungen bzw. neue Anforderungen, die auch das hygienische Waschen betreffen. In welcher Dimension es erfolgt, ist nicht festgeschrieben. Man kann auch durchaus hygienische Waschkonzepte im Kleinen umsetzen, ohne dass sofort der große Hammer herausgeholt wird. Zu berücksichtigen ist auch, was der Arbeitsschutz für die Mitarbeiter fordert, um sie vor pathogenen Keimen zu schützen. Zwischen der Variante „extrem hygienisch“ und „das Beste aus mangelnden Möglichkeiten machen“ ist ein gewisser Spielraum. Optimierungspotenzial gibt es nahezu immer. Doch ob es angepackt wird, ist von der Führung abhängig. Man braucht jemanden, der sich bei den hauswirtschaftlichen Wäscheprozessen auskennt. Doch hauswirtschaftliche Fachkräfte sind heute leider Mangelware in Altenhilfeeinrichtungen. (Siehe Teil 1 des Interviews)
Frage: Warum genügt eigentlich nicht die Hygienebeauftragte oder der Hygienebeauftragte, deren Rolle ja laut Gesetz auf jeden Fall in Krankenhäuser vorgeschrieben ist?
Klöber: Hygienebeauftragte kennen die ganze Hygienethematik meist nur aus der pflegerischen Hygienesicht. Es sei denn, sie kommen aus der Hauswirtschaft. Sie kennen auch oft nicht die hauswirtschaftlichen Rechtsgrundlagen und -Bezüge, die speziell für Altenhilfe-Einrichtungen gelten. Aus meiner Beratungspraxis weiß ich, dass dann manch` wilde oder übereifrige Theorien und gewünschten Maßnahmenpläne aufgestellt werden, wie ein Prozess zu handhaben ist. Ursache dafür ist die mangelnden Praxiserfahrung beim Sachgebiet Wäsche und Wäscheaufbereitung. Die ist aber notwendig, um für die Wäschehygiene – genauso wie für den Arbeitsschutz der MitarbeiterInnen – sinnvolle und praktikable Lösungen zu finden, die der Gesamtkonstellation dienen. Um den Unterschied deutlich zu machen: Ich könnte zwar das BGB von vorne nach hinten lesen, aber deshalb bin ich noch lange keine Anwältin.
Frage: Gibt es Empfehlungen bzw. einfache Maßnahmen, mit denen Altenhilfeeinrichtungen die hygienische Situation verbessern können?
Klöber: Wer etwas verbessern will, ohne alles grundsätzlich zu ändern, empfehle ich als erstes eine Prozessablaufstudie. Aufgrund dieser Ist-Aufnahme lässt sich dann festlegen, wo gibt es – mikrobiologisch betrachtet – kritische oder negative Punkte für die Wäsche oder die Menschen, die z.B. im Waschprozess arbeiten. Nach einer solchen Analyse z.B. durch die RABC-Methodik lässt sich ein Anpassungs- oder Veränderungskonzept entwickeln.
Frage: Das hört sich nach einem großen Veränderungsprojekt an?
Klöber: Nein, das muss nicht sein. Oft lässt sich mit kleinen Maßnahmen viel erreichen. Das Wichtigste ist, dass die Arbeitskräfte vor Ort geschult und aufgeklärt werden, wie z.B. Kreuzkontaminationen zustande kommen und vermieden werden können. Die Handdesinfektion ist nicht das Einzige, was in Fleisch und Blut übergehen sollte. Was mir z.B. immer wieder in hauseigenen Wäschereien begegnet, dass gerade im Schmutzbereich Fenster und Türen geöffnet sind. Das ist zwar nachvollziehbar, weil Mitarbeiter damit das Geruchsproblem bekämpfen wollen. Dem entgegenstehen berufsgenossenschaftliche Vorschriften. Sie beschreiben eindeutig, dass der Schmutzbereich in der Wäscherei Zugluftfrei zu halten ist, weil es sonst zur Verwirbelung der Luft und damit auch der möglicherweise pathogenen Keime kommt. Das hat heute noch kaum jemand im Auge. Es gilt, das Personal auch in Bezug auf die Hygiene fit zu machen und zu halten.
Frage: Also könnte es schon helfen, für das Wäschereikonzept und vielleicht auch für die Pflegekräfte, Tipps zur Wäschehygiene zusammenzustellen?
Klöber: Ja. Es ist zu überlegen: Was ist zu tun, dass der Mensch nicht erkrankt – egal wo er sich in der Einrichtung befindet: in der Pflege, in der Wäscherei oder als Heimbewohner.
Frage: Gibt es noch eine weitere einfache Maßnahme, mit der man die Hygiene der Wäscheaufbereitung verbessern kann?
Klöber: Wenn es um den Wäschekreislauf geht, ist die Analyse der Abläufe ein erster wichtiger Schritt. Dabei ist in vielen Wäschereien die Ordnung ein Riesenthema – und zwar gleichermaßen auf der unreinen und der reinen Seite. An diesem Punkt wird selten investiert, genauso wenig wie in die Arbeitslogistik investiert wird. Darüber hinaus geht es um den Arbeitsschutz. Dass ich in einer Wäscherei eine Mitarbeiterin antreffe, die über einen komfortablen Steharbeitsplatz zum Bügeln verfügt – mit Stehhilfe-Stühle, die das Kreuz stützen oder mit weichen Fußmatten, die die Gelenke entlasten – ist mir so gut wie noch nie untergekommen. Leider wird an solche körperentlastenden Hilfsmittel, sichere Ausleuchtung und unterschiedliche Tischhöhen zum Legen der Wäsche nur sehr selten gedacht.
Frage: In der Umfrage von Hygienewaschen.de wurde festgestellt, dass in Altenhilfeeinrichtungen noch zu einem großen Teil Haushaltswaschmaschinen zu finden sind. Laut Maschinenrichtlinien ist das doch aber verboten.
Klöber: Solche Maschinen findet man inzwischen wieder sehr häufig, weil die Einrichtungen neue Konzepte im Sinne des Normalitätsprinzips verfolgen. Bei der Einrichtung von Wohngruppen geht es um eine Dezentralisierung und Vermeidung von institutionellem Handeln, auch in der Pflege. In solchen Wohngruppen könnten dann schnell haushaltsübliche Waschmaschinen gekauft werden.
Frage: Aber es darf doch keine Waschmaschine für den Privatgebrauch zum Einsatz kommen?
Klöber: Die Maschinenrichtlinie bezieht sich auf die CE-Konformität. Auch Privathaushaltsmaschinen haben das CE-Zeichen. Doch das reicht noch nicht. Es sind zwei Aspekte, die zu beachten sind: Der Arbeitsschutz sagt, es dürfen nur Maschinen am Arbeitsplatz stehen, die CE-geprüft sind und für die die Mitarbeiter nachweislich unterwiesen worden sind. Dem Arbeitsschutz wäre also durch die Mitarbeitereinweisung genüge getan. Nicht genüge getan, wird den hygienischen Anforderungen des Infektionsschutzes. Die Waschmaschine muss auch die thermische Aufbereitung von (möglicherweise) infektiöser Schmutzwäsche gewährleisten. Eine chemo-thermische Desinfektion der Wäsche erfolgt erst bei einer Standzeit von 10 Minuten bei +60 Grad. Diese Maßgabe einer Desinfektionsleistung halten Haushaltswaschmaschinen definitiv nicht ein. Solche Fakten müsste man auch den Architekten und Bauherren klar machen dürfen. Hier ist es sehr wünschenswert, dass sich die Bau- und Einkaufsverantwortlichen entweder hauswirtschaftlichen Sachverstand aneignen oder sich beraten lassen, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Das sind die schwarzen Flecken oder die Ignoranz gegenüber Professionalität in der Hauswirtschaft, die es heute immer noch gibt. Und die Ursache dafür ist schnell gefunden: Zu viele Leute gehen immer noch davon aus, dass es beim Wäschewaschen im Altenheim um das gleiche geht, wie im Privathaushalt.
Danke, Frau Klöber, für das informative Gespräch!
*M. Christine Klöber ist selbstständige Unternehmensberaterin bei KlöberKASSEL GbR, Wissen für die Hauswirtschaft.