Dem Anschein nach sauber – aber doch nicht rein?

Dr. Barbara Hildebrandt kennt sich sehr gut aus, wenn es darum geht, Oberflächen auf Sauberkeit und Hygiene zu prüfen. Das ist im Lebensmittelbereich – etwa von Heimen und Pflegeeinrichtungen – besonders wichtig, weil von schlecht oder falsch gereinigten Flächen Hygiene- oder Allergen-Risiken ausgehen können. Die Geschäftsführerin des Unternehmens amfora health care GmbH aus Freystadt sieht darüber hinaus auch im Bereich des hygienischen Wäschekreislaufs Einsatzbereiche für schnelle Tests.

Frau Dr. Hildebrandt, warum sollten Oberflächen in Küchen rückstandsfrei sauber sein?

Dr. Barbara Hildebrandt: Das EU-Lebensmittelhygienerecht schreibt zum Beispiel Lebensmittelproduzenten, Verarbeitern und Lieferanten von Lebensmitteln vor, dass sie alle Vorkehrungen treffen müssen, um eine lückenlose Prozesshygiene zu gewährleisten. Das bedeutet auch, die Verantwortlichen in Kantinen und (Groß)Küchen von Alten- und Pflegeheimen müssen sicherstellen, dass nach einer Reinigung keine Rückstände auf Arbeitsflächen und Gerätschaften zurückbleiben. Allerdings kann das bloße Auge nicht erkennen, ob sich auf einer frisch gereinigten Fläche z.B. noch Proteinrückstände oder Reste von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln befinden. Werden solche Rückstände durch Tests gefunden, ist das ein Hinweis darauf, dass eine Reinigung nicht sachgemäß erfolgte. Nach den europäischen Verordnungen und Richtlinien unterliegen alle Lebensmittelunternehmer den gleichen strengen Kriterien. Aber man braucht eigentlich keine Lebensmittelhygieneverordnung, um zu wissen, dass nicht nur Schmutz, sondern auch Reste der Reinigungs- und Desinfektionschemie eine negative Beeinträchtigung des Lebensmittels und damit der Qualität darstellen können. Das ist die Basishygiene, die eingehalten werden muss.

Frage: Welche Risiken stecken in solchen Rückständen?

Dr. Barbara Hildebrandt: Generell können Proteinrückstände und auch Restfeuchte zum Nährboden von Keimen werden. Die Keime können sich ausbreiten und im schlechtesten Falle durch den Einsatz von zu viel Desinfektionsmittel – auch an Stellen, an denen es gar nicht nötig ist – sich letztendlich zu multiresistenten Keimen entwickeln. Angesichts der Risiken, die von diesen resistenten Keimen ausgehen, haben Hauswirtschaftsleiter*innen, Köchinnen und Köche sowie die Hygienebeauftragten eine große Verantwortung. Die Reinigungsprozesse in der Küche, in Sanitärräumen oder in Wäschereiräumen müssen sich an ganz unterschiedlichen Anforderungen orientieren. Auch daraus ergeben sich Risiken.

Im Küchenbereich, wo Reinigung und Desinfektion zwei getrennte Schritte sind, müssen alle Flächen nach jedem Einzelschritt mit Wasser nachgespült werden. Hier dürfen keine Rückstände der Reinigungs- und Desinfektionschemie mehr auf den gereinigten Flächen, Geräten und Behältnissen verbleiben. Denken wir nur an die Allergenproblematik, wo sichergestellt werden muss, dass keine Verschleppung von Allergenproteinen stattfinden kann. Auch in dem Rest an festgetrocknetem Spülwasser sollten Allergenproteine nicht mehr enthalten sein. Eine Erfolgskontrolle der ordnungsgemäßen Reinigung – also die Verifizierung, ob optisch sauber auch hygienisch sauber ist – ist hier ohnehin innerhalb des HACCP-Konzeptes und zur Erfüllung der gesetzlichen Vorgaben vorgeschrieben. Bei der betrieblichen Eigenkontrolle sollte man zudem darauf achten, dass der Hygiene-Schnelltest sowohl Proteine erkennt als auch die Tensidreste aus der Reinigungs- und Desinfektionsmittelchemie.

Frage: Und wie sieht es im Sanitär- und Wäschereibereich aus?

Dr. Barbara Hildebrandt: Im normalen Sanitärbereich geht es natürlich auch um eine ordentlich durchgeführte Reinigung, immerhin beseitigt die Reinigung alleine schon den Großteil an vorhandenen Keimen. Zudem wird hier sehr viel mit desinfizierenden Reinigern gearbeitet, die auch immer nachgespült werden. Aber anders als im Lebensmittelbereich müssen wir hier auf die Infektionsprophylaxe achten und die zuletzt aufgetragenen Desinfektionsmittel auf der Fläche belassen.

Bei einer Reinigungskontrolle kann ich trotzdem den gleichen Test einsetzen wie im Küchenbereich, allerdings ist zu berücksichtigen, wie die Fläche zuvor behandelt wurde.

Auch im Wäschereibereich geht es darum, die Mitarbeiter für saubere Flächen zu sensibilisieren. Schauen wir z.B. die Tische in der Wäscheaufbereitung an, auf denen die Wäsche sortiert und zusammengelegt wird, so sollten auch diese rückstandsfrei sauber sein. Aufgrund des Brandrisikos kann hier nicht mit alkoholischen Schnelldesinfektionsmitteln gearbeitet werden, die in der Regel rückstandsfrei sind. Quartäre Ammoniumverbindungen oder Aminoverbindungen sind bei der Flächendesinfektion weit verbreitet, können aber schnell zu Schmierfilmen führen. Außerdem stellen sie ein allergenes Risiko bei Hautkontakt dar. Daher sollten Wäschestücke auf wirklich sauberen Tischen zusammengelegt werden.

Für alle erwähnten Bereiche aber gilt, dass auf sauberen Flächen ohne jeglichen Nährboden für ein Keimwachstum sich auch keine Keime vermehren können.

Frage: Reicht für die Kontrolle ein Schnelltest aus, der Keime „nur indirekt“ feststellt?

Dr. Hildebrandt: Bei den Methoden, die für die Hygienekontrollen zur Verfügung stehen, sind zuerst einmal die herkömmlichen mikrobiologischen Bewertungen anzuführen: z.B. Abklatschverfahren oder Abstrichverfahren mit Tupfer und Ausstreichen auf Nährböden. Der hygienische Zustand wird an Hand des mikrobiologischen Befundes der gereinigten und desinfizierten Oberfläche beurteilt.

Bei unseren genannten Beispielen sollte die Hygienekontrolle allerdings zeitnah und schnellstmöglich erfolgen, damit Korrekturmaßnahmen sofort eingeleitet werden können. Dies wiederum macht eine Bewertung des Hygienezustandes mittels Tupfer- oder Abklatschtest praktisch unmöglich, da eine Auswertung ca. 24 bis 48 Stunden dauert. Bei der Vergabe an externe Institute bzw. Labore vergeht auch gut eine Woche bis eine Auswertung vorliegt.

Aus diesem Grund setzen sich zur Eigenkontrolle der Reinigung – egal ob in Eigenleistung oder vom Dienstleister – immer stärker alternative Methoden durch.

Alle diese Testsysteme zur Kontrolle der Sauberkeit von Oberflächen stellen als halbquantitative und halbqualitative Schnelltestmethoden keinen direkten Nachweis von Mikroorganismen dar, sondern zeigen als „indirektes“ Verfahren die Anwesenheit von Verschmutzungen in Form von Produktrückständen an, die das Risiko in sich tragen, ein Überleben und Wachstum von pathogenen Keimen zu ermöglichen.

So zeigt z.B. der Hygiene-Schnelltest Clean Card Pro schnell und auf einfache Weise, ob nochmal Hand angelegt werden muss. Dabei entscheidet der Test nicht, was für eine Art von Rückstand sich auf einer Fläche befindet. Die verschiedenen Farbnuancen kategorisieren nur zwischen „Ja, wenig oder viel und Nein“. Das heißt, der Schnelltest ist eine Sofortkontrolle. Oder besser gesagt, ein Frühwarnsystem noch vor der Abklatschprobe, auf dessen Ergebnisse sofort reagiert werden kann. Natürlich deckt sie auch Schwachstellen auf, die eventuell so vorher nicht im Fokus waren und dient zur Sensibilisierung.

Frage: Was meinen Sie mit Sensibilisierung?

Dr. Hildebrandt: Heute muss alles schnell gehen, auch beim Küchen- oder Reinigungsservice, der die Reinigung als Dienstleistung erledigt. Eine bloße Aufforderung, sauber zu „putzen“, reicht oft nicht oder provoziert die Antwort „Aber ich hab` doch sauber geputzt.“ Wenn aber anhand eines optisch einprägsamen und einfach zu verstehenden Tests sogar ohne Worte gezeigt werden kann, dass die Reinigungsqualität noch nicht erreicht wurde, so ist das eine besonders effektive Methode der Sensibilisierung. Das heißt, man erzielt mit einer einfachen Maßnahme einen starken Lern- und Motivationseffekt. Sinnvoll durchgeführte Kontrollen haben den Effekt von Schulungseinheiten, bei denen richtiges Verhalten gelernt wird.

Frage: An welchen Plätzen und Stellen außerhalb der zentralen Heimküche ist es z.B. empfehlenswert, auf eine echte Sauberkeit von Flächen zu achten – und gegebenenfalls zu testen?

Dr. Hildebrandt: In den Zimmern der Heimbewohner oder auf den Stationen gibt es viele Flächen, bei denen immer mal wieder das Reinigungsergebnis überprüft werden sollte. Wir empfehlen, einmal im Monat stichprobenmäßig Tests durchzuführen. Das sind z.B. die Oberflächen von Tischen oder Beistelltischchen, auf denen ein Bewohner gerne mal direkt seinen Keks oder sein Obst ablegt. Oder dort, wo die Medikamentenvorbereitung stattfindet. Auch die Griffe und Flächen der Stationswagen gehören zum Beispiel dazu. Die Wäscherei hatten wir ja schon erwähnt. Neben den Arbeitstischen ist auch der Blick in die Waschtrommel und ein Test an dieser Stelle interessant, um z.B. nicht sichtbare Ablagerungen festzustellen.

Ist das Küchenkonzept aufgegliedert in einzelne Wohnbereichsküchen, so gilt hinsichtlich der Hygienerichtlinien genau das gleiche wie für die zentrale Küche.

Frage: Auch bei Spülmaschinen kommen oft Schnelltests zum Einsatz, obwohl es dort doch sehr heiß zugeht?

Dr. Hildebrandt: Der Schnelltest z.B. auf einem Geschirrgut ist mittlerweile schon ein Routinetest. In einer gut funktionierenden Spülmaschine werden natürlich durch die Hitze die Keime abgetötet. Aber ein Test in den Ecken eines Gastronorm-Behälters zeigt auch sehr schnell, ob dieser richtig sauber von Lebensmittelresten ist. Außerdem gibt er Aufschluss darüber, ob auch die Dosierung des Klarspülers korrekt und nicht zu hoch ist. Wir wollen alle strahlend glänzendes Geschirr ohne Streifen und Flecken, aber wenn die Dosierung des Klarspülmittels zu hoch ist, ist dies eine unnötige Belastung an Tensiden auf dem sauberen Geschirr.

Frage: Sie betonen die Schnelligkeit des Tests. Wie schnell ist er wirklich?

Dr. Hildebrandt: Eine Überprüfung eines Reinigungsergebnisses kann in weniger als einer Minute vorgenommen werden. Die Reaktionszeit des Tests selbst beträgt 30 Sekunden. Das heißt, der Küchenleiter oder die Leiterin, die Hauswirtschafterin oder die zuständige Hygienefachfrau erfährt sofort, ob die Reinigung ordnungsgemäß verlief. Der Abreibetest mit der Clean Card zeigt nicht nur in kürzester Zeit ein Ergebnis, sondern ist auch völlig unkompliziert durchzuführen. Man braucht nur Wasser, um die zu testende Oberfläche anzufeuchten, sowie die Testkarte, um diese Fläche abzureiben. Damit erfüllt sie ihren Zweck, den Reinigungsgrad sofort zu bewerten und zu optimieren sowie sich durch eine eigenverantwortliche Überprüfung abzusichern und ein effektives Risikomanagement zu betreiben. Gerade im Küchenbereich gehört dazu auch die Dokumentation der Eigenkontrolle, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen.